
Die Straße „6 de Agosto im Zentrum der Stadt Santa Cruz ist bei den Mennoniten aus den Kolonien sehr beliebt. Hier ist regelmäßig ein Treffpunkt der plattdeutschen Mennoniten: sie kaufen ein, gehen zum Arzt, machen ihre Dokumente. Diese Straße ist knapp ein Kilometer lang, voll mit allerlei Geschäften der Bolivianer die sich ganz auf die Mennoniten eingestellt haben. In dieser Straße kann man alles kaufen angefangen vom Obst bis zum Pferdewagen.

Wir quartieren uns in einem Hotel ein, das direkt vor dieser Straße ist. Unser Ziel ist es in Kontakt mit den plattdeutschen Mennoniten zu kommen, um sie mit einem evangelistischen Einsatz zu erreichen.

Wenn man in die Straße „6 de Agosto“ einbiegt, kommt man gleich bis zur Hausnummer 618, wo sich eine Tür, „HopningsDäa“ genannt (=Hoffnungs-Tür) befindet. Ein großes Schild lädt uns ein: „WELKOM TOO DIT BIEKJA-STUA“ (=Willkommen zum Bücher-Laden. Es ist eine Einrichtung der Kirche „Niiet Lewen“ (Neues Leben). Hier gibt es verschiedene Räume: Verkauf von Schriften und Büchern, Massage-Zimmer, Büros, Toiletten, ein Schlafzimmer und ein kleiner Garten. Es wird alles für die plattdeutschen Mennoniten eingerichtet.

Im Allgemeinen sind sie sehr neugierig und deshalb entsteht rasch ein Kontakt. Wir werden von Jack Friesen begrüßt. Er arbeitet in einem engen Gang: ein Tisch, zwei Stühle, ein Laptop. Jack bietet verschiedene Dienstleistungen an: Reisebüro, Dokumente, allgemeine Informationen. Zur Erklärung: vor knapp sechs Jahren wohnte Jack Friesen noch in einer Kolonie, war selber ein sogenannter "Altkolonier" und wurde aus internen Gründen mit Frau und Kindern aus der Kolonie ausgeschlossen (rausgeschmissen). Jetzt aber kommen die verschiedene Koloniebewohner, um bei ihm Hilfe zu holen.
leo
In den Büroräumen sind noch andere Freiwillige, die bereit sind, Straßeneinsätze zu machen. Sie kommen hauptsächlich von der Gemeinde „Niiet Lewen“. Wir als Besucher aus Brasilien gehen auf die Straße. Man gewöhnt sich schnell an das Straßenbild: alles voll Mennoniten in ihrer typischen Kleidung, die mit Taxi aus den entferntesten Kolonien gekommen sind (in den Kolonien kennt man ja bloß Pferdekutschen!). Hier und da gibt es den ersten Kontakt.
Auf der Straße hört man Spanisch und Plattdeutsch. Selbst die Bolivianer in dieser Straße sprechen ein gebrochenes Plattdeutsch um sich mit den Mennoniten zu verständigen.
Ich habe mein Akkordeon mit und spiele: Straße rauf, Straße runter. Die plattdeutschen Mennoniten mögen „andere“ Musik. Sie bleiben stehen, hören zu, möglichst auf der anderen Straßenseite. Dann geht man wieder einkaufen.

Wir sprechen nur die Männer an, mit Frauen und Kindern reden, „das macht man nicht“. Diese ganze Situation ist gewöhnungsbedürftig. Ich sehe ein älteres Mädchen, sie „genießt“ die Musik. Vorsichtig nähere ich mich und spreche sie an. Plötzlich eilt sie bei mir vorbei mit dem Satz: „Ich darf nicht mit dir reden!“ und schnell ist sie weg. Ich schaue hinterher, wie sie bei ihrer Mutter Schutz sucht.

Die bolivianischen Verkäufer in dieser Straße sind zufrieden: die Mennoniten haben Geld und kaufen viel ein. Interessant zu beobachten: vor einem Geschäft steht auf Deutsch „Landmaschinen“, bei anderen auf Spanisch „Zahnarzt speziell für Mennoniten“ oder „Supermarkt für Mennoniten“.

Gewöhnlich kauft der Mann ein, die Frau und die Kinder transportieren das Gekaufte bis zu einer speziellen Sammelstelle, „depósito menonita“. Am Ende des Tages wird von hier aus alles ins Taxi verladen, es entstehen recht lange Taxi-Schlangen, die meistens überfüllt sind, und es geht heimwärts in die jeweilige Kolonie.

In der Zeit die wir hier sind steigt das Thermometer bis auf 30 °C an. Es ist angenehm im Schatten zu sitzen oder abends auf dem Bürgersteig . Als Einsatzgruppe sitzen wir bis um 21 Uhr vor den Büroräumen: wir unterhalten uns über das Erlebte, tauschen Erfahrungen aus, singen Lieder. – Drei Tage haben wir die plattdeutschen Mennoniten auf der Einkaufsstraße begleitet, sehr viele Erfahrungen gesammelt.
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